Im Projekt Blue Hour vermittelt sich ein Natur­ereignis mit seinem Spiel sphärischer Elemente als Spiegelbild einer Kommu­nikation zwischen zwei Individuen. Die Arbeit setzt sich aus einem Objekt, Einspielungen von Dialogen und einer Lichtin­stal­lation zusammen.

Ein Raum ist in diffuses Licht getaucht. In seiner Mitte ist schemenhaft ein kinetisches Objekt zu sehen. Form und Bewegung des Objekts wecken Assozi­a­tionen zu einem Radarschirm oder Generator, der die Atmosphäre statisch aufzu­laden scheint: Zwei anten­nenähn­liche Elemente sind an den äußeren Enden einer waagerechten Stange montiert. Sie rotiert raum-
greifend um eine Mittelachse, die an der Spitze eines Mastes verankert ist.

Hinter dem Objekt, an den Wänden sind zwei kleine Licht­punkte auszu­machen. Kaum merklich gleiten sie durch den Raum, wirken in ihrer Winzigkeit verloren, vergle­ichbar reflek­tierenden Satel­liten, die am dämmernden Himmel ihre Bahnen ziehen.

Leise wird die Stimme einer Frau hörbar, sie scheint aus der Richtung einer der beiden Licht­punkte zu kommen. Die Stimme schildert Begeben­heiten einer Liebes­beziehung. Eine männliche Stimme greift ihre Gedanken auf, ein Dialog entsteht, Wunschvorstel­lungen werden ausge­tauscht, die eine emotionale Verbindung beider Individuen suggerieren.
Die Momente der Annäherung produzieren jedoch gleichsam auch eine immer größere Anzahl offener Fragen, was sich wiederum als Entfremdung beider Personen vermittelt. Die Wendung im Dialog zeigt sich in Abhängigkeit der Position der beiden Licht­punkte im Raum: Je mehr sich die Lichter annähern, desto größer scheint die gedankliche Diskrepanz der beiden Personen. Und je länger der Betra­chter dem Dialog beiwohnt, desto deutlicher erschließt sich ihm, dass die beiden Personen auch nur vermeintlich miteinander kommu­nizieren. Immer deutlicher zeigt sich, dass sich die zwei Stimmen nicht aufeinander beziehen, sondern endlose Monolog­phrasen in den Raum senden, in der Hoffnung auf ein Gegenüber. Dabei reden die Personen mehr und mehr aneinander vorbei, Wünsche und Fragen bleiben ungehört.

Das Scheitern der Kommu­nikation scheint mit der Zeit auch durch das zentrale Objekt bekräftigt: Immer weniger vermittelt sich das Rotieren als energetisch, zunehmend erscheint die Monotonie der Bewegung vielmehr als Form einer Gewal­tein­wirkung auf zwei bald kaum noch vernehmbare Stimmen. Die Suche nach dem Ideal erweist sich als Unter­fangen mit unabse­hbarem Resultat, undefinierbar, gleich dem Licht der Blauen Stunde, das nicht offenbart, ob es Tag wird oder Nacht.

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